Picture by John Garcia
Letztes Update: Nov., 28th 2023
Der Wendigo ist ein beliebtes Monster der Moderne. Er hat seinen Auftritt in diversen Erzählungen, Büchern, Serien, Filmen und Computerspielen. Und auch ich schreibe aktuell an einem Roman mit ihm.
Dabei frage ich mich, wie weit ich der Kreatur und dessen Mythos gerecht werden kann, und wie weit ich mich von diesem entfernen darf. Kein leichtes Unterfangen, denn sein Name, sein Aussehen und seine Attribute variieren je nach Quelle und Überlieferung; sind teilweise widersprüchlich. Ein Buch über Drachen, Werwölfe oder Vampire zu schreiben erscheint mir dagegen einfacher. Aber nun gut.
Um dem wahren Wendigo so nah wie möglich zu kommen, habe ich meine gewonnenen Daten hier niedergeschrieben. Die Suche selbst endet wohl nie. Updates können folgen ...
Wie stellt Ihr euch den Wendigo vor? Eure Anregungen sind herzlich willkommen. Schreibt mir.
Alles klar? Legen wir los ...
Die Legende des Wendigos wird von den Ureinwohnern Nordamerikas seit Generationen hinweg erzählt (wie etwa bei den Algonkin und den Cree). Sie besagt, dass Menschen, die Menschenfleisch essen, sich in ein solches Monster verwandeln, dessen Hunger niemals befriedigt wird.
Menschenfleisch ist von nun an sein einziges Verlangen, und je mehr Menschenfleisch der Wendigo frisst, desto größer wird er, umso mehr entfernt er sich von seiner menschlichen Existenz und entwickelt übernatürliche Fähigkeiten (siehe unten).
Der Wendigo wurde als moralische Lehrfigur eingeführt, um die Menschen einzuschüchtern und den damals existierenden Kannibalismus zu unterbinden. "Fresst kein Menschenfleisch, sonst seid ihr verflucht. Selbst wenn ihr irgendwo eingeschneit seid und euch die Nahrung ausgeht, so verhungert und erfriert ihr besser, als eures Gleichen zu speisen."
Die, die sich von der Legende nicht einschüchtern ließen, nutzten diese gern als Ausrede. Kehrte eine Gruppe etwa mit einer Person weniger zurück, so nutzte man den Wendigo als Erklärung.
Dass der Wendigo je nach Region einen anderen Namen trägt (Windigo, Wendago, Widjigo, Wendigowak), schmälert die Legende nicht.
Picture by Martina Fackuva
Der Wendigo hat seinen natürlichen Lebensraum dort, wo die Legende erfunden und sich ursprünglich erzählt wurde: in den tiefsten Wäldern Kanadas und in den Nordstaaten der USA wie etwa Minnesota. Der Wendigo ist also primär in kalten Regionen anzutreffen, wurde aber auch schon mal in Nord Michigan und in den Wäldern Colorados bei Black Water Ridge gesichtet.
Ein einheitliches Bild des Wendigos gibt es nicht, es variiert je nach Quelle. Zudem ist der Wendigo ein Gestaltenwandler. Er kann die Gestalt einer jeden Form, eines jeden Tieres und eines jeden Menschen annehmen, um seine Beute in eine Falle zu locken.
Lässt man die Verwandlungsfähigkeit außer Acht, so lässt sich seine äußeres Erscheinung in drei Versionen eingrenzen: Mensch, wandelnde Leiche und hirschartiges Wesen. Am Anfang steht stets der Mensch, bevor eine der beiden anderen Versionen folgt. Manche meinen sogar, die drei Versionen stellen die aufeinander aufbauenden Entwicklungsstufen des Wendigos dar.
Mensch
Ein frisch infizierter Mensch verwandelt sich äußerlich nicht gleich in einen Wendigo. Erst, wenn sein Verlangen nach Menschenfleisch stärker wird und er diesem Trieb widerstandslos nachgeht, kommt eine Verwandlung zustande.
Zombie/wandelnde Leiche
In dieser Version kommt der Wendigo einer stinkenden Leiche nah, die auf Erden wandelt. Sein Fleisch verwest am "lebendigen" Leib. Der Körper ist schlaksig, haarlos und so abgemagert, dass sich die Knochen durch die ergraute bzw. schwarzgefärbte Haut drücken und sich deutlich abzeichnen.
Die Augen liegen mal tief in den Augenhöhlen, mal stehen sie weit hervor, mal sind sie weiß und mit milchigen Schlieren durchzogen, mal gelb und blutunterlaufen. Die Augen werden auch schon mal mit denen einer Eule verglichen.
In seinem lippenlosen Mund (die Lippen soll er sich weggekaut haben), befinden sich lange spitze Zähne.
Die Arme und Beine sind überproportional groß. Die Hände sind wahre Pranken mit messerscharfen Krallen. Die überdimensionalen Füße haben spitze Fersen (manchen Beschreibungen nach auch nur mit einem Zeh). Je nach Quelle bewegt er sich auf zwei Beinen oder auf allen vieren fort.
The Way the Wendigo looks like in "Until Dawn (2015) for PS4.
Hirschartiges Wesen
Diese Version ist wohl die meist assoziierte. Nach dieser besitzt der Wendigo einen humanoiden, schlaksigen Körper, der mal haarlos und mal mit Tierfell bezogen ist. Der Kopf gleicht dem eines Hirsch- oder Elchschädels. Mit seinem gewaltigen, majestätisch verästelten Geweih spießt er problemlos Menschen auf. Seine übergroße Schnauze gleicht dem eines Wolfes, gepickt mit gewaltigen, spitzen Zähnen oder gelben Reißzähnen. Seine Augen leuchten.
Wenn er als ein Tier beschrieben wird, das auf vier Pfoten voranschreitet, so beträgt die Schulterhöhe ca. zwei Meter. Geht er aufrecht, so soll er über fünf Meter groß sein und über die Baumkronen blicken können. Wobei er andererseits immer weiter in die Höhe wachsen soll, je mehr er frisst (siehe unten).
Die folgenden Eigenschaften und Stärken lassen sich wissenschaftlich nicht belegen, aber eines ist Fakt: Der Wendigo ist ein sehr mächtiges, übernatürliches Wesen, aus dessen Fundus sich die wunderbarsten ... äh ... schaurigsten Geschichten und Erzählungen kreieren lassen.
Wachstum & Lebensdauer: Mit jeder "Mahlzeit" wird der Wendigo hungriger und größer. Manche meinen, er wachse proportional zu seiner Beute. Demnach müsste er irgendwann den Mond berühren. Persönliche Meinung: Er mag wirklich mehrere Meter groß sein, aber auch für ein Superwesen wie ihn gelten physikalische Grenzen und Gesetze.
Die Lebensdauer des Wendigos ist nahezu unbegrenzt, er ist quasi unsterblich, es sei denn, ihm gehen die Menschen als Nahrungsquelle aus oder er wird gezielt getötet (siehe unten).
Superscharfe Sinne & Jagdverhalten: Der Mensch wird max. 2 Meter plus groß und ist aufs Sonnenlicht angewiesen. In der Nacht, ganz ohne technische Hilfsmittel, ist er nahezu handlungsunfähig. Und weil der Mensch immer abhängiger von seiner erfundenen Technik geworden ist, sind seine Sinne weniger stark ausgebildet als noch bei seinen früheren Artgenossen in den Höhlen.
Ganz anders der Wendigo, der meist nachts aktiv ist. Seine Sinne sind scharf ausgeprägt (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, Schmecken) und sein einst menschliches Gehirn macht ihn zu einem schlauen, strategisch denken Wesen. Trotz seines Hungers stürzt er sich nicht gleich auf seine Beute, sondern beobachte sie wie ein Stalker, er verfolgt sie unbemerkt, mit Abstand im Hintergrund, sogar tagelang. Und dann, wenn seine Beute total verängstigt und kurz vor dem Verhungern und dem Erfrieren steht, schlägt er mit seinen langen Klauen und scharfen Krallen zu; vorwiegend nachts.
Ob er die Beute vor Ort auffrisst/verschlingt oder für "später" in Höhlen lagert oder auf Baumstämme spießt, die er zuvor von Ästen befreit hat, ist unklar.
Super schnell, super stark und super Ausdauer: Hat der Mensch auf der Flucht vor einem Vogelstrauß schon keine Chance, und erst recht nicht vor einem Geparden, so stehen die Chancen bei einer Wendigo-Begegnung nicht besonders gut. Der Wendigo ist so schnell, dass sich dieser binnen von Sekunden von einem Ort zum anderen bewegt. Für das menschliche Auge wirkt das wie ein Sprung durch Raum und Zeit.
Zudem besitzt der Wendigo eine hohe Ausdauer. Er ermüdet deutlicher langsamer als der Mensch, reißt mit einer Leichtigkeit seine Beute auseinander und kann mindestens zwei oder mehr Menschen auf einmal tragen.
Gestaltenwandler & Handlanger
Wie anfangs erwähnt, ist der Wendigo ein Gestaltenwandler, er kann die Gestalt eines jeden Individuums annehmen, sogar dessen Stimme nachahmen, um das Vertrauen seines Opfers zu gewinnen.
Der Wendigo macht sich aber nicht immer die Hände selber schmutzig, sondern lässt Menschen für sich "arbeiten". Durch Zauberei oder über die Träume der Menschen dringt er in ihre Seelen ein und steuert sie wie Marionetten. Er treibt sie in den Wahnsinn oder lässt sie die eigenen Jagdbegleiter und Familienmitglieder umbringen und deren Fleisch verzehren.
Der Wendigo lebt sogar jüngst Verstorbene wieder auf und setzt sie auf die Menschenjagd an.
Creator unknown
Wie verspeist der Wendigo seine Opfer? Da er ständig hungrig ist und nur an Menschenfleisch denkt, könnte man meinen, er stürze sich wie ein Wahnsinniger auf die Beute. Dementgegen stehen die Aussagen, er verfolge seine Beute tagelang unbemerkt durch den Wald und warte, bis die Menschen verängstigt, ausgehungert und erschöpft sind. Es heißt auch, er spieße seine Opfer auf Bäume auf oder lagere sie in Höhlen, um das Fleisch zu einem späteren Zeitpunkt zu speisen.
Was davon stimmt und ob die Nahrungsaufnahme abhängig vom individuellen Wendigo ist, bleibt ungeklärt. Wenn ich meine beiden Kater vergleiche, so frisst einer langsam, in kleinen Intervallen, der andere dagegen schlingt alles wie besessen auf einmal hinunter.
Betrachtet man die Stärken des Wendigos, so müsste das Monster unverwundbar und unbesiegbar sein. Aber selbst David hat Goliath besiegt. Alles und jeder hat eine Schwachstelle. Auch der Wendigo.
Bei einem frisch Infizierten ist die Schwachstelle am Größten. Da noch ein Mensch, kann man diesen auf jede bekannte Methode umbringen. Die hohe mehrheitliche Meinung empfiehlt jedoch einen Kopfschuss, um die Verwandlung in ein übernatürliches Monster zu vereiteln.
Hat der Wendigo seine übernatürlichen Fähigkeiten bereits entwickelt und eine gewisse Körpergröße bzw. ein gewisses Alter erreicht, so wird das Unterfangen schwieriger. Einige meinen, dass eine Enthauptung zum Tode des Wendigos führt. Das mag sein, aber die hoheitliche Meinung nennt Feuer als die einzige Waffe. Ob Fackeln, Leuchtpistolen, Flammenwerfer oder ein glühender Dolch, alles vollkommen gleich. Bedingung ist, dass das Feuer zum Herzen des Wendigos vordringt, welches aus Eis besteht. Einfache Physik also. Kein Hokuspokus.
Wer nicht vorhat, einen Wendigo zu töten, wer einfach nur unbeschadet im Wald übernachten möchte, malt um das Zelt herum einen Schutzkreis aus Anasazi-Symbolen in den Boden. Der Wendigo kann diese Symbole nicht übertreten.